Ich
möchte wissen, ob diese Schmid, diese Richter, diese Hölderlins absolut
und unter allen Umständen so subjektivisch, so überspannt, so einseitig
geblieben wären, ob es an etwas Primitivem liegt, oder ob nur der
Mangel einer ästhetischen Nahrung und Einwirkung von außen und die
Opposition der empirischen Welt, in der sie leben, gegen ihren
idealischen Hang diese unglückliche Wirkung hervorgebracht hat.
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Ich begreife wohl, daß Ihnen das Gedicht unserer Dilettantin immer
weniger Freude machen mag, je näher Sie es betrachten. Denn auch darin
zeigt sich der Dilettantismus besonders, daß er, weil er aus einem
falschen Prinzip ausgeht, nichts hervorbringen kann, das nicht im
ganzen falsch ist, also auch keine wesentliche Hülfe zuläßt. Mein Trost
ist, daß wir bei diesem Werke den dilettantischen Ursprung ja
ankündigen dürfen, und daß wir, indem wir eine Toleranz dafür beweisen,
bloß eine Humanität zeigen, ohne unser Urteil zu kompromittieren.
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Mein Schwager ist hier mit meiner Schwester; er ist ein fleißiger,
nicht ganz ungeschickter Philister, 60 Jahr alt, aus einem
kleinstädtischen Ort, durch Verhältnisse gedrückt und beschränkt, durch
hypochondrische Kränklichkeit noch mehr daniedergebeugt, sonst in
neuern Sprachen und in der deutschen Sprachforschung, auch in gewissen
Literaturfächern nicht unbewandert. Sie können denken, wie wenig
Konversationspunkte es da zwischen uns gibt, und wie übel mir bei den
wenigen zumute sein mag. Das schlimmste ist, daß ich in ihm eine nicht
ganz kleine und nicht einmal verächtliche Klasse von Lesern und
Urteilern repräsentiert finde, denn er mag in Meiningen, wo er
Bibliothekar ist, noch vorzüglich sein. Diese ganze imperfektible enge
Vorstellungsweise könnte einen zur Verzweiflung bringen, wenn man etwas
erwartete.
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Es ist mir neulich aufgefallen, was ich in einer Zeitschrift oder
Zeitung las, daß das Hamburger Publikum sich über die Wiederholung der
Ifflandischen Stücke beklage und sie satt sei. Wenn dies einen
analogischen Schluß auf andere Städte erlaubt, so würde mein
Wallenstein einen günstigen Moment treffen. Unwahrscheinlich ist es
nicht, daß das Publikum sich selbst nicht mehr sehen mag, es fühlt sich
in gar zu schlechter Gesellschaft.
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Die Schrift von Darwin würde wohl in Deutschland wenig Glück machen.
Die Deutschen wollen Empfindungen, und je platter diese sind, desto
allgemeiner und willkommen; aber diese Spielerei der Phantasie mit
Begriffen, dieses Reich der Allegorie, diese kalte Intellektualität und
in Verse gebrachte Gelehrsamkeit kann nur die Engländer in ihrer
jetzigen Frostigkeit und Gleichgültigkeit anziehen.
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Unterdessen habe ich mir mit Niebuhrs und Dolneys Reise nach Syrien und
Ägypten die Zeit vertrieben, und ich rate wirklich jedem, der bei den
jetzigen schlechten politischen Aspekten den Mut verliert, eine solche
Lektüre; denn erst so sieht man, welche Wohltat es bei alledem ist, in
Europa geboren zu sein. Es ist doch wirklich unbegreiflich, dass die
belebende Kraft im Menschen nur in einem so kleinen Teil der Welt
wirksam ist und jene ungeheuren Völkermassen für die menschliche
Perfektibilität ganz und gar nicht zählen. Besonders merkwürdig ist es
mir, dass es jenen Nationen und überhaupt allen Nicht-Europäern auf der
Erde nicht sowohl an moralischen als an ästhetischen Anlagen gänzlich
fehlt. Der Realismus sowie auch der Idealismus zeigt sich bei ihnen,
aber beide Anlagen fließen niemals in eine menschlich-schöne Form
zusammen. Ich hielt’ es wirklich für absolut unmöglich, den Stoff zu
einem epischen oder tragischen Gedichte in diesen Völkermassen zu
finden oder einen solchen dahin zu verlegen.
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